Über indianische Weisheiten, die Bedeutung unserer Seelen und den schnelllebigen Alltag
Als ich neulich wieder durch das Erfahrungsfeld der Sinne im EINS + ALLES geschlendert bin, begegnete mir folgendes Zitat:
"Stimmt!", dachte ich. Ruhen, rasten, verarbeiten. Einklang schaffen. Das fiel den Indianern damals wohl einfacher als uns angesiedelten Weißen heute - wir, die ohne Mokassins, dafür auf geteerten Straßen, nicht zu Fuß oder auf dem Pferd, sondern eher auf Rädern oder Schienen, nicht nach dem Mond, sondern nach Terminen ausgerichtet und nicht in überschaubaren Grüppchen wohnend, sondern gut vernetzt mit der ganzen Welt kommunizierend, nicht nach Büffeln und Bären, sondern meistens der Zeit hinterher jagend unser Leben gestalten.
Wie viel Gestaltungsfreiraum lassen wir uns?
Und umso wichtiger wäre doch die regelmäßige Rast, im Großen und im Kleinen, damit unsere Seelen die Möglichkeit haben, uns wieder einzuholen. Aber was heißt das denn genau? Eine ausformulierte Antwort fällt schon schwer, wenn man sich dem Begriff der Seele eingehender widmet. Folgt man mythischen, religiösen, philosophischen oder psychologischen Ansätzen oder hat man längst seine ganz eigene Definition gefunden? Ist die Seele der Wesenskern eines Menschen? Der Teil, der das Leben überdauert und in irgendeiner Art fortlebt über den Tod hinaus? Ist die Seele die Gesamtheit der Gefühle und sämtlicher geistiger Vorgänge und demnach mit der Psyche gleichzusetzen? Lässt sich die Seele überhaupt vom Körper trennen? Oder gehört nicht beides zusammen? Wann und warum haben wir angefangen, den Geist, die Seele, mentale Zustände getrennt von unserem Leib zu betrachten? Diesen Fragen geht die philosophische Debatte um das "Das Leib-Seele-Problem" nach, das erstmalig von René Descartes im 17. Jahrhundert als solches beschrieben wurde. Doch bereits seit der Antike stellen sich die Menschen die Frage, wie sich die mentalen Zustände, der Geist, das Bewusstsein, das Psychische, die Seele zu dem Körper, dem Gehirn, dem Materiellen, dem Leib verhalten.
Heute scheint es uns auf den ersten Blick logisch und fast zweifelsfrei, dass sich das eine im anderen zumindest widerspiegelt. Psychosomatik als medizinisches Fachgebiet. Eine Trennung nehmen wir meistens trotzdem vor. Wir sprechen von unserem Körper und meinen eher nicht das Geistige, das Gefühlvolle, das Seelische, sondern das, was man sieht, anfassen, ultraschallen und messen kann. Dabei sind es ja gerade die Gefühle, die aufgrund von körperlichen Reaktionen entstehen, nein, sie sind körperliche Reaktionen. Trotzdem zählen wir das eine eher der Psyche zu, das andere dem Körper. Was passiert eigentlich im Inneren, wenn wir uns "rein" körperlich verletzen? Und wie sehen seelische Verletzungen aus?
Wäre es ein Gewinn, uns als Ganzes zu betrachten? Keine äußere Hülle, kein innerer Kern, sondern eine Einheit durch und durch? Könnten wir früher und besser auf unseren Körper hören, wenn wir uns selbst als unseren Körper betrachten könnten?
Zurück zur Seele. Etwas, was uns berührt, in dem wir Rührung spüren. Und etwas, das offensichtlich langsamer ist als der Rest von uns. Unabhängig davon, wie wir die Seele definieren, stellen wir fest, dass es uns der der Alltag oft schwer macht bei allen Ereignissen, die wir erleben, nachzukommen. Eine angemessene Verarbeitung der Reize, der Impulse, der Erlebnisse findet häufig nicht statt. Das merken wir, wenn wir zur Ruhe kommen. Irgendwann. Später. Weil wir uns die Pause bewusst nehmen oder weil wir zufällig (oder ganz absichtlich) krankwerden und eine Zwangspause auferlegt bekommen. Fast jeder Mensch, mit dem ich mich intensiv über die Alltags- und Lebensgestaltung unterhalte, wünscht sich für sich, mehr im "Hier und Jetzt" zu leben. Und fast niemandem gelingt dies ausreichend.
Dabei wäre das wahrscheinlich der richtige Ansatz, der aus der indianischen Weisheit folgt. Damit wir verstehen, was um uns herum und mit uns passiert, sollten wir geistig und körperlich anwesend sein. Hier und jetzt. Wir sollten uns im Einklang mit uns selbst befinden, um Entscheidungen zu treffen und das Leben wirklich zu gestalten und nicht nur einer Vorstellung hinterherzurennen. Wenn wir nur Aufgaben erfüllen, wenn wir im Alltag nicht mehr das Wunder sehen, wenn wir nur denken und nicht mehr fühlen, wenn wir hetzen, nicht gehen, dann sind wir unseren Seelen voraus. Wir brauchen die Rast, um uns aufzuladen, wir brauchen die Ruhe, um gesund zu bleiben. Wir brauchen die Seele, um zu leben und nicht nur zu funktionieren.
Leichter gesagt als getan. Und selbst die Indianer in ihren Mokassins hatten anscheinend schon ähnliche Schwierigkeiten, sonst wäre die Weisheit nicht entstanden. Zu dem Menschsein gehört also auch die Herausforderung, einen gesund- und nicht krankmachenden Alltag zu etablieren. Das heißt auch, dass wir alle eine gute Portion Stress und Hektik durchaus aushalten können. Nur zu viel sollte es nicht werden. Und es gibt sie, die Seelen-Einhol-Hilfen. Stille, Yoga, Freunde, Natur. Gutes Essen, ausreichend Schlaf, sinnstiftendes Tun, ein gutes Miteinander, ein schöner Spaziergang. Ein Sonnenauf- oder -untergang. Bewegung. Atmen. Gelassenheit.
Ich habe neulich intuitives Bogenschießen ausprobiert und für gut befunden. Intuitiv, weil es nicht um das Zielen geht, sondern um Atmung, Bogen spannen, loslassen. Ein Bewegungsfluss mit Achtsamkeitsmoment. Das Treffen gelingt erstaunlicherweise trotzdem oder erst recht. Und ein bisschen Indianer-Gefühl ist beim Bogenschießen auch aufgekommen.
Aber noch ein ganz anderer, wesentlicher Hinweis steckt in der indianischen Weisheit: Das Wort "warten". Das bedeutet, manche Dinge geschehen, einfach so. Wir müssen nichts dafür tun. Oder anders: Sie geschehen, weil wir nichts tun.
Interesse an einem Coaching oder Selbstfürsorge-Kurs? Hier können Sie Kontakt aufnehmen.
Comentários