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Autorenbildcarolin rebmann

Die Morgenseiten – eins, zwei, drei: frei!






Schon häufig habe ich meinen KlientInnen die berühmten Morgenseiten empfohlen. Das Prinzip ist einfach: morgens nach dem Aufstehen einen Stift in die Hand nehmen und drei DinA-4 Seiten vollschreiben. Genau drei Seiten. Handschriftlich. Mehr nicht.


Die Morgenseiten habe ich immer dann besonders gerne empfohlen, wenn sich jemand sehr verkopft gefühlt hat oder als würde er oder sie in einer Situation feststecken. Wenn neue Impulse fehlen, wenn etwas verarbeitet werden soll, wenn man große Gefühle erlebt oder gar nichts Besonderes. Alltag. Die Morgenseiten, wie man sieht, passen immer. Sie räumen innerlich auf, sie befreien, sie beruhigen, sie bringen Schwung und Perspektiven. Sie bewirken immer genau das, was sie bewirken sollen.


Ihre Berühmtheit erlangten die morning pages durch die Autorin und Journalistin Julia Cameron. Das tägliche Schreiben gab es natürlich schon vorher, aber die US-Amerikanerin beschrieb dieses sehr einfache und wirkungsvolle Prinzip der Morgenseiten in ihrem Buch „The Artist´s Way“ (Der Weg des Künstlers) als konkrete Methode der Schreibmeditation. Mit „The Artist´s Way“, ein künstlerisches zwölfwöchiges Trainingsprogramm, hat Cameron einen Welt-Bestseller zur Entfaltung der eigenen Kreativität geschaffen und damit dem spontanen, kreativen Schreiben eine große Reichweite beschert.


Dass Schreiben einfach, wohltuend und effektiv ist, wusste ich. Ich habe es oft erlebt – bei mir selbst und bei den TeilnehmerInnen auf meinen Schreibseminaren. Außerdem habe ich jede Menge wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise zum Thema kreatives und expressives Schreiben studiert. Es ist eindeutig und nachweisbar, dass das Schreiben einen hohen (selbst)therapeutischen Wert besitzt.


Die Morgenseiten hatte ich bisher trotzdem nie ernsthaft umgesetzt. Ich habe manchmal morgens, manchmal abends, manchmal nachts, manchmal auf dem Handy, manchmal auf einer ungelesenen Zeitung, auf alten Kassenbons oder auf teurem Druckerpapier geschrieben. Mal ganze Sätze, mal unzählige Seiten oder auch nur einzelne Wörter. Mindmap.


Bis vor 6 Tagen. Da habe ich eines Morgens einen Stift in die Hand genommen und drauf los geschrieben. Mein Beweggrund und Ziel ist es, leichter zu werden. Ich möchte Gedanken und Gefühle aufs Papier bringen und damit Platz schaffen, in mir; das Alte loswerden, um das Neue willkommen zu heißen. Und es gelingt. Wichtige Dinge werden nicht in Vergessenheit geraten, nur weil sie morgens ungeschönt aufs Papier gespuckt werden. Sie werden aber auch nicht zusätzlich betont. Erinnerungen bleiben und gleichzeitig nehmen bestimmte belastende Gedankengänge ab. Ich höre mir selbst nicht immer beim Schreiben zu und ich lese die Zeilen auch nicht immer danach. Und obwohl ich meine Worte nicht bewusst wähle, nichts einordne oder bewerte, sortiere ich mich währenddessen. Die Worte sortieren mich. Und sie bringen mich weiter. Jeden Tag. Die Anzahl an Blättern wächst, das gute Gefühl ebenso. Drei Seiten am Morgen scheinen also lang genug zu sein, um in einen Schreibfluss zu kommen und sich auf den Moment wirklich einzulassen, aber es ist nicht zu lange, um sich im Prozess zu verlieren oder zu viel anzustoßen, was nicht wieder einzufangen wäre.


Leichter werden. Loslassen. Willkommen heißen.


Am 16.06.2022 schrieb ich: „Wie auch immer, Schreiben hilft tatsächlich. Alles, was hier steht, kann weitergedacht, vergessen oder ignoriert werden. Alles, was hier steht, darf hier enden.“








Auch, Lust zu schreiben? Dann probiere die Morgenseiten aus oder komm´ vorbei auf ein Schreibseminar.




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